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Flötenspiel mit Körpereinsatz

Peter Branner im Gespräch mit Barbara Chemelli

Bei Recherchen im Internet zur Vorstellung neu im Orchester wirkender Damen und Herren, die das Probejahr erfolgreich absolviert haben, fallen die Hinweise manchmal bescheiden aus, sodass der Fragesteller gezwungen ist zu rätseln. Bei Barbara Chemelli war es zunächst der Name, der italienisch klingt. Der äußeren Erscheinung nach könnte die großgewachsene junge Frau, schlank und blond, aus dem skandinavischen Raum stammen. Die Sprache lässt bei der allerersten Begegnung ganz kurz eine Herkunft aus dem nordrhein-westfälischen Raum vermuten. Einige wenige Indizien geben Anlass, einen Versuchsballon steigen zu lassen.

Sind Sie Tirolerin?

Nach einem schalkhaften Lachen erfolgt der weitere Dialog ab dann im Tiroler Dialekt. Barbara Chemelli stammt aus Landeck und ist auch dort aufgewachsen. Beide Elternteile beschreibt sie als künstlerisch sehr kreativ. Der Vater ist Maler, gestaltet u. a. auch CD-Covers und die Mutter entwirft und näht Konzertkleider für ihre Tochter. Ihr Schwärmen für die Berge, die Natur und das musikalische Umfeld mit zwei Blasmusikkapellen, in denen Barbara schon mitgespielt hat, verraten ihre große Verbundenheit mit dem Ort. Der Soloflötist der Wiener Philharmoniker, Karl-Heinz Schütz, auch in Landeck aufgewachsen, ist ausschlaggebend für ihren Besuch am Musikgymnasium und Vorarlberger Landeskonservatorium in Feldkirch. Er wird ihr Mentor und unterrichtet sie dort bis zur Matura.

Was kam danach?

Das war die Hochschule in München, wo ich bei zwei sehr guten Lehrern studieren konnte. Zunächst bei András Adorján und danach bei Andrea Lieberknecht. Beides Lehrer mit klingenden Namen. Mit keinerlei Erwartungen fährt sie früh morgens mit ihrem Vater nach München, kommt gleich dran, um dann sofort nachhause zurück zu fahren mit dem Gefühl der Chancenlosigkeit wegen der großen Anzahl an Teilnehmern. Bei einem Anruf am Nachmittag erfährt Barbara, dass sie die Einzige ist, die aufgenommen wird. Also geht es am nächsten Tag wieder nach München zu den Theorieprüfungen.

Wann erfolgte der Abschluss?

Voriges Jahr, kurz bevor ich im MOS angefangen habe. Ich wollte mich im Studium noch auf Neue Musik spezialisieren und hatte einen Master in diesem Fach gemacht. Ein Stück, welches auch Teil meines Prüfungsprogramms war, heißt „In Freundschaft“ und stammt von Karl Heinz Stockhausen. Eine Kurzversion davon ist im Internet zu finden und zeigt eine Barbara Chemelli in flotter Gymnastikkleidung, die uns mit viel vorgeschriebenem Körpereinsatz und manchmal schrägen Tönen – auch die sind genauestens mit den Bewegungen auskomponiert – an ihrer Prüfungsarbeit teilhaben lässt.

Gab es vorher schon Orchestererfahrung?

Während des Studiums konnte ich im Symphonieorchester Vorarlberg und bei den Münchner Symphonikern Erfahrungen sammeln. An der Musikhochschule kann man sich beurlauben lassen, wenn man ein Probespiel für einen Vertrag in einem Orchester gewonnen hat. Ich hatte einen Vertrag bei den Düsseldorfer Symphonikern, wo ich in der Tonhalle und an der Oper zum Einsatz kam. Auch beim Orchester des Norddeutschen Rundfunks in Hannover, am Theater in Osnabrück und vor allem beim Finnish Radio Symphony Orchestra in Helsinki konnte ich als Soloflötistin spielen. Da lernt man viel. Helsinki war für Barbara Chemelli eine besondere Erfahrung. Es wurden Konzerte und Tourneen mit viel Neuer Musik und Sibelius gespielt unter sehr guten Bedingungen, speziell was die schön gestalteten Konzert- und Probenräumlichkeiten anbelangt (sogar mit eigener Sauna). Als nachteilig empfindet sie die lange Dunkelheit im Winterhalbjahr und die Kälte, die in Erinnerung bleibt.

Wie war die Aufnahme im Mozarteumorchester?

Die war sehr freundlich, so dass ich mich gleich wohlgefühlt habe. Was gefällt Ihnen an Salzburg? Es ist zum einen die angenehme Atmosphäre und Kollegialität im Orchester, zum anderen die Abwechslung im Programm und die unterschiedlichen Spielorte wie Mozarteum, Großes Festspielhaus, Haus für Mozart und Landestheater. Aber auch in Kammermusikensembles ist Barbara Chemelli zu finden. Sie spielt mit dem Mozart-Quartett Salzburg u.a. „Die Zauberflöte“ in Quartettbesetzung und wirkt bei einem Crossover-Ensemble von Robert Friedl mit. Es gibt also auch eine Liebe zum Jazz. Allerdings möchte ich mich in dieser Richtung noch weiter bilden, damit ich lerne, frei zu improvisieren.

Hat Barbara Chemelli auch Geschwister?

Mein Bruder hat ein Café und ist Mitorganisator in einem Jazz-Club in Landeck und meine Schwester wirkt in einem Museum als Gestalterin. Gefragt nach Plänen für die Zukunft, erfahren wir, dass Barbara Chemelli eine Weiterentwicklung, speziell in der Kammer-musik, anstrebt. Hier gibt es auch Projekte für das kommende Frühjahr mit dem Pianisten Mario Häring, Sebastian Manz (Klarinette) und Maximilian Hornung (Cello). Die Piccolo-Flöte ist ihr auch sehr wichtig. Damit habe ich manchmal die Möglichkeit, dem Orchesterklang einen „hohen Glanz“ zu verleihen. Die Frage nach dem Verhältnis zur Barockmusik wird damit beantwortet, dass Barbara Chemelli auch eine Ausbildung auf der Blockflöte genossen hat.

Ist Unterrichten ein Thema?

Das mache ich sehr gerne, vor allem die Basisarbeit mit Kindern. In München habe ich viel an der Dommusikschule unterrichtet und aushilfsweise am Vorarlberger Landeskonservatorium. Auch als Dozentin an verschiedenen Meisterkursen mitzuwirken machte mir sehr viel Freude.

Wir wünschen der bescheidenen und fröhlichen Barbara Chemelli weiterhin viel Glück.

Stand:

2017