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Gottfried Franz Kasparek im Gespräch mit Christian Löffler
Christian Löffler, seit 2019 Solopauker des Mozarteumorchesters ist sozusagen daheim angekommen. Eben hat er das Probejahr überstanden – „es war ganz schön nervenaufreibend, aber ich wurde von den Kollegen bestens unterstützt“, meint er am Beginn unseres schönen, zweistündigen Gesprächs im Cafe San Marco am Makartplatz, besser gesagt im luftigen „Schanigarten“ in der Passage davor. Es war gar nicht so einfach, im verregneten Salzburg inmitten von Festspieltrubel und Coronabeschränkungen einen gemütlichen Platz zu finden.
Der sehr sympathische, nachdenkliche und eloquente Musiker kommt aus seiner Heimat Berchtesgaden. „Meine Mutter stammt aus dem Ort“, erzählt er, „und hieß mit Mädchennamen Paukner.“ Nomen est omen! Der Vater kommt aus Würzburg und war Lehrer. Schon als Kind hörte der 1979 geborene Christian Löffler gerne die Kurkonzerte im nahen Bad Reichenhall, wo er später als Substitut selbst mitspielte. „Die schönen Operettenmelodien“ begeisterten ihn, „die erste musikalische Liebe galt den Werken der Wiener Strauss-Dynastie, der Musik Franz Lehárs und anderer Meister der leichten Muse.“ Folgerichtig wurde Alfons Panzl, langjähriger Solopauker der Bad Reichenhaller Philharmoniker, sein erster Lehrer. Löffler „wollte von Anfang an Pauker und Schlagzeuger werden“. Nebenbei spielte er bald in der Musikkapelle Bischofswiesen, in der er bis heute mitunter aktiv ist. Durch Panzl kam es zum Kontakt mit MOS-Schlagzeuger Michael Mitterlehner, der damals allerdings noch der Sprecher der Klasse des mittlerweile legendären Peter Sadlo an der Universität Mozarteum in Salzburg war. Und so kam es zu einem sehr frühen Debüt im Mozarteumorchester: „Mein Lehrer Panzl war auch Substitut in Salzburg und war einmal verhindert. So spielte ich, als Substitut des Substituten, schon mit fünfzehn Jahren 1995 in einem Mozart-Ballett im Landestheater mit. Ich kann mich gut erinnern, wie ich mit meinem Vater dort aufgekreuzt bin und vom altgedienten Schlagzeuger Walter Neulist eingewiesen wurde.“ Später war er auch in Produktionen der „Fledermaus“, von Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“, 1999 in „Daphne“ von Richard Strauss unter Hubert Soudant und in Silvesterkonzerten tätig sowie 1998 in einem Konzert des MOS bei der Salzburger Kulturvereinigung unter Tetsuj Honna, unter anderem in Prokofjews 5. Symphonie.
„Ich wollte eigentlich bei Sadlo Jungstudent in Salzburg werden“, so Christian Löffler, „aber das war damals nicht möglich. So wurde ich Jungstudent in München, wo Sadlo, der charismatische Lehrer, ebenfalls eine Klasse hatte. Mein Unterricht fand allerdings fast immer in Salzburg statt.“ Erst nach dem Abitur in Berchtesgaden wechselte er 1999 nach München, wo er 2003 sein künstlerisches Diplom machte. Außerdem war er Praktikant im Münchner Rundfunkorchester: „Damals spielte ich erstmals bei den Salzburger Festspielen, in Rossinis Oper „La donna del lago“, dirigiert von Marcello Viotti, der ja leider bald darauf verstorben ist. Ich München besuchte noch bis 2006 die Meisterklasse bei Peter Sadlo, der jetzt auch nicht mehr unter uns weilt. Als Solopauker gastierte ich ad interim im Sinfonieorchester Basel und gewann ein Probespiel beim Tonhalleorchester in Zürich. Aber wie es manchmal so geht, war dort nicht ‚mein Platz’. So kam ich 2007 als Solo-Schlagzeuger zum Konzerthausorchester Berlin, wo ich bis Ende 2018 blieb und künstlerisch eine sehr ergiebige Zeit erlebte. Meine Chefdirigenten waren zunächst Lothar Zagrosek, der besonders die Nischen im Repertoire liebte, und dann der wunderbare Iván Fischer, meiner Meinung nach einer der bedeutenden Orchesterleiter unserer Zeit.“
Christian Löffler fühlte sich im Berliner Orchester sehr wohl, aber ihm hat die Stadt „nach anfänglicher Faszination doch immer weniger gefallen.“ Er pendelte immer in die Heimat und beobachtete die Salzburger Szene, wartete auf eine freiwerdende Stelle und so wurde aus dem Bayern in Preußen wieder einer im nah verwandten Salzburg. Übrigens, Berchtesgaden ist zwar seit 1810 bei Bayern, aber die ehemalige souveräne Fürstpropstei pflegt eine eigene Tradition: „Unser Dialekt unterscheidet sich vom Oberbayrischen, es gibt vieles, was eher tirolerisch klingt. Eigentlich schade“, sagt er augenzwinkernd, „dass wir es nicht wie Liechtenstein geschafft haben, selbständig zu bleiben. Wir wären ungefähr genauso groß oder klein….“
Solo-Schlagzeuger in Berlin, vorher und nachher Solopauker – was macht den Unterschied aus? Das Publikum ist ja geneigt, die ganze Schlagzeuggruppe in einen Topf zu werfen. „In Deutschland ist das viel strikter getrennt als hier. Natürlich lernt man alle Schlaginstrumente, aber die Pauke ist im Prinzip ein eigenes Instrument. Als Pauker ist man mitten drin im Orchester. Im Mozarteumorchester kann es vorkommen, dass ein Schlagzeuger manchmal die Pauke und ein Pauker manchmal ein anderes Schlaginstrument bedient, in Berlin praktisch nicht. So war ich als Pauker ziemlich aus der Übung und musste intensiv üben. Meine liebe Frau, die ich in Berlin kennen gelernt habe und die Korrepetitorin an der Musikhochschule in Nürnberg ist, hat mir sehr geholfen und mich auch beim Salzburger Probespiel begeleitet. Mit Riccardo Minasi zu arbeiten, ist eine besondere Freude. Ich war sehr nervös vor Strawinskys ‚Le Sacre du printemps’, weil ich dieses extrem schwere Stück zum ersten Mal gespielt habe. Maestro Minasi hat mich beruhigt, denn er hat es zum ersten Mal dirigiert. Es wurde dann eine tolle Aufführung. Ich freue mich auf noch viele Konzerte mit ihm!“
Jetzt ist Christian Löffler ein glücklicher Solopauker in Salzburg: „Ich spiele sehr gerne die Musik von Mozart und überhaupt die der Wiener Klassik, dann auch auf alten Pauken. Ich liebe Schubert und, nicht nur, weil es für mich da viel zu tun gibt, Wagner, Mahler und Richard Strauss. Auch im Theater, wobei ich mir wünsche, dass mehr im Haus für Mozart stattfindet. Das Landestheater ist ein feines Haus für klein besetzte Stücke wie frühe Mozart-Opern, aber schon eine große Lehár-Operette sprengt den Orchesterraum. ‚Lohengrin’ in der Felsenreitschule hat viel Spaß gemacht. Ich mag auch sehr die Operette und finde, dass sie schwer unterschätzt wird. Konzerte wie das letzte ‚Heimspiel `mit Musik von Bach bis Piazzolla finde ich ebenfalls wichtig. Es darf gerne auch neue Musik sein, wenn sie nicht allzu extrem ist.“
Wie hat Christian Löffler die Corona-Pause überstanden? „Mit üben, aber auch mit dem Ausbauen unserer Wohnung. Und mit meinen sportlichen Vorlieben, mit Bergwandern, Radfahren und Schwimmen. Außerdem habe ich meinem Faible für gute Volksmusik gefrönt und mir selber das Spiel auf der Steirischen Harmonika beigebracht.“ Wann darf man ihn für ein Vereinskonzert als Harmonikaspieler engagieren? „Da muss ich noch viel mehr üben!“ Wir freuen uns auf das Konzert mit der gesamten Schlagzeuggruppe des Mozarteumorchesters, rund um das vom Verein der Freunde gespendete Marimbaphon. Hoffentlich findet sich bald ein Termin dafür. Das Virus hält uns ja nach wie vor im Trab. Und so wünschen wir uns beide, „dass es bald wieder normal weitergeht, dass alles gespielt werden kann, was geplant ist!“ Und ich freue mich schon auf das nächste Treffen!
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