Posaune

Gerhard Proschinger im Gespräch mit Gottfried Franz Kasparek

Im gemütlichen Kaffeehaus sitzt mir ein sportlicher junger Mann gegenüber, der mir auf Anhieb sympathisch ist. Gerhard Proschinger, neuer Posaunist des Orchesters. Er kommt aus Langenlois in Niederösterreich und das Weinland geht ihm in Salzburg, wo er sich sonst so wohl fühlt, doch ein wenig ab. Ich als Wiener verstehe ihn gut.

Mit neun Jahren begann er, Musik zu machen, zunächst als Trompeter, bis er den Zauber der tieferen Instrumente für sich erkannte und zum Tenorhorn wechselte. Aus eigenen Ersparnissen kaufte er sich eine Posaune und hat zunächst autodidaktisch gelernt und in der heimatlichen Blasmusik gespielt. Bald war ihm der Berufswunsch Musiker klar, in der Oberstufe wechselte er ins Musikgymnasium und spielte in der Big-Band der Schule, wollte Jazzposaunist werden, einer wie J.J. Johnson zum Beispiel. Aber da sind die Chancen hierzulande nicht sehr gut. An der Wiener Musikhochschule studierte er bei Dietmar Küblböck und dessen Vater, die brachten ihn zur klassischen Musik. Bald substituierte er in allen großen Wiener Orchestern, nach dem Diplom ging er für ein halbes Jahr an die Oper in Lissabon. Wichtiger aber wurde die Tätigkeit im Concentus Musicus, die bis heute anhält. Nikolaus Harnoncourt verehrt er zutiefst. Er liebt die Alte Musik ebenso wie den Jazz, der mittlerweile leider etwas ins Hintertreffen geraten ist, nachdem er früher auch im Austrian Jazz Orchestra gespielt hat, und natürlich Mozart und das große Repertoire. Montewerdis „Marienvesper“, Haydn (besonders die „Schöpfung“) und Schubert sind seine Favoriten. Gerhard Proschinger schätzt aber auch Verdi und Puccini sehr und ist offen für alles. Es macht ihm auch Spaß, Operetten und Musicals zu spielen. Die Trennung in E- und U-Musik behagt ihm überhaupt nicht. Wir sind uns einig, dass man den „Popmusik“-Charakter von Haydn und Mozart nicht verleugnen und auch bei der Interpretation mit bedenken sollte.

An Neuer Musik ist er grundsätzlich sehr interessiert, es stört ihn aber, dass manche Komponisten die Grenzen der Instrumente überschreiten. Dagegen mag er Grenzüberschreitungen zwischen Klassik und Jazz, nennt etwa Christoph Czech, dem er im Rahmen seiner Tätigkeit beim Ensemble „die reihe“ begegnet ist. Man muss nicht unbedingt etwas „anderes“ machen, um „neu“ zu sein!

Das Interesse des leidenschaftlichen Musikers Proschinger endet jedoch nicht an den Grenzen seines Instruments, sondern bezieht vieles mit ein. So faszinieren ihn immer wieder die Klaviersonaten von Beethoven. Neben dem Konzertfach hat er auch Pädagogik studiert.

Für einen Bassposaunisten, der er vor allem ist, gibt es nicht allzu viele Stellen. Das Probespiel beim Mozarteum Orchester klappte sofort. Gerhard Proschinger gefällt es in Salzburg, obwohl Westösterreich teilweise eine andere Welt für ihn ist – umso spannender, sie zu entdecken. Die schöne Landschaft, die Berge und Seen bieten dem begeisterten Sportler auch viele Möglichkeiten. Neben Skifahren und Langlaufen betreibt er auch Triathlon (Schwimmen, Radfahren, Laufen) als Leistungssport. Wer viel Bewegung macht, muss auch gut essen und trinken, meint der Hobbykoch, auch hier mit grenzüberschreitenden Interessen. Aber auch Lektüre aller Art und Reisen steht bevorzugt auf dem Freizeitprogramm.
Zurück zum Beruf; im Orchester geht es ihm sehr gut, das Klima ist sehr angenehm. Auch die Bandbreite des Repertoires stimmt. Er schätzt es sehr, auch Musiktheater zu spielen und nicht „nur“ Symphonisches. Wichtig sind Dirigenten, die mit den Musikern zusammenarbeiten können. Besondere Freude bereiten da die Auftritte von Ivor Bolton. Wir hoffen beide, dass die Sparmaßnahmen im vernünftigen und verträglichen Rahmen bleiben, das Programm sollte nicht nur nach den finanziellen Möglichkeiten ausgerichtet werden.

Stand:

2001