Mozarteumorchester Salzburg > Interviews > Jacqueline Martens
Jacqueline Martens ist seit September 2022 im Mozarteumorchester, Laura Bortolotto seit dem August desselben Jahres. Die beiden 1995 geborenen Geigerinnen haben einander in Salzburg wiedergesehen, denn sie kannten sich schon gut aus gemeinsamen Zeiten in der „Neuen Philharmonie München“, wo sie im Sommer 2021 auch als Dozentinnen im Jugendorchester wirkten. Da sie nicht nur gute Kolleginnen, sondern auch bestens befreundet sind und beide nun das Probejahr glänzend bestanden haben, liegt es nahe, sie in der Probenpause vor einer Mozart-Matinee in einem Café nahe des Orchesterhauses zu treffen. „Wir sind wie Zwillinge, es ist sehr schön, im selben tollen Orchester zu sein“, sagen die sympathischen und eloquenten Musikerinnen sozusagen unisono – und übrigens in sehr gutem Deutsch.
Beide stammen aus sehr musikalischen Elternhäusern. Laura Bortolotto erblickte im friaulischen Pordenone das Licht der Welt. Ihre Mutter hat gesungen, deren Bruder spielte Klarinette und war Direktor einer Musikschule. Ein Großonkel, Mario Bortolotto, war ein bekannter italienischer Musikwissenschaftler – den hat sie freilich nie kennengelernt. Als Kind hat sie auch viel gesungen, begann aber mit vier Jahren Violine zu spielen – „ich hätte eigentlich jedes Musikinstrument lernen können, aber es kam einfach ein neuer Geigenlehrer in die Musikschule, Domenico Mason“. Sie besuchte das Liceo, „das entspricht einem Gymnasium“, studierte privat bei Catarino Carlini und machte im nach dem berühmtesten Violinvirtuosen und legendären Komponisten der Klassik benannten „Conservatorio Giuseppe Tartini di Trieste“ bereits mit vierzehn Jahren ihren ersten Master. Ein prägender Lehrer war der Ukrainer Pavel Vernikov, durch den sie erstmals nach Salzburg kam: „Das war in einer Meisterklasse der Sommerakademie im Jahr 2010.“
Weiter ging es nach Mannheim zu einem weiteren berühmten Geiger, ihrem Landsmann Marco Rizzi, wo Laura Bortolotto nach zwei Jahren ihren zweiten Mastertitel erhielt und weitere zwei Jahre den Studiengang „Solistische Ausbildung“ belegte. Ebenfalls vier Jahre war sie in München beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, zunächst in der Akademie dieses Eliteorchesters, dann zwei Jahre im Rahmen eines Zeitvertrags. Immer wieder gab es Soloauftritte. Sie hat auch eine starke Beziehung zur Alten Musik, „Claudio Monteverdi ist mein Lieblingskomponist, man kann sagen, ich bin mit ihm aufgewachsen. Aber ich liebe auch Mozart, Brahms und viele andere.“
Die Liebe zur Klassik und Romantik teilt Laura Bortolotto mit Jacqueline Martens, die auch ein besonderes Faible für Schostakowitsch hat – immerhin hat sie schon dessen erstes Violinkonzert interpretiert und auch das „ebenfalls wunderbare“ von Dvorák. Beide spielen auch sehr gerne Oper und betonen die künstlerische Vielfalt, die das Mozarteumorchester auszeichnet, von Bach bis zur Moderne, mit Mozart und der Wiener Klassik im Zentrum.
Jacqueline Martens stammt aus Johannesburg/Südafrika, ist aber schon mit drei Jahren mit ihren Eltern nach Großbritannien übergesiedelt. Sie hat belgische und südafrikanische Vorfahren und beherrscht viele Sprachen – mir fällt auf, dass sie Deutsch nicht mit britischem, sondern mit charmantem niederländischen Akzent spricht. Ihre Mutter ist Klavierlehrerin, ihr Vater spielt sehr gut Cello, früher auch im Klaviertrio mit seiner Frau und dem Violinisten Peter Carter, der Primgeiger des „Allegri Quartet“ war. „Meine ganze Familie spielt Instrumente“, erzählt sie, „viele Verwandte sind im Philharmonischen Orchester von Kapstadt. Es ist eine Tradition, dass jedes Familienmitglied ab fünf Jahren ein Instrument lernen darf. Ich war als Kind viel in Trioproben und wollte immer Geige lernen, um mit meiner Mutter und meinem Vater im Trio spielen zu können.“
Da war Jacqueline Martens schon in England, zunächst in Kent, dann in der Nähe von Birmingham. Sie besuchte die „Chetham’s School of Music“ in Manchester, dann das „Royal College of Music“ in London. Wichtige Lehrer waren Maciej Rakowski, Ani Schnarch und Jan Repko. Im Jahr 2012 gewann sie einen ersten Preis beim Chandos-Wettbewerb, was Soloauftritte in der Londoner Wigmore Hall nach sich zog. 2013 machte sie in London ihren Bachelor mit Auszeichnung und wirkte auch im London Philharmonic 2016 und 2017 spielte sie im EUYO (European Union Youth Orchestra), machte Tourneen durch ganz Europa unter Dirigenten wie Bernard Haitink. Dies waren sehr wichtige Erfahrungen für die junge Musikerin. Doch es zog sie 2017 nach Salzburg, wo sie sich an der Universität Mozarteum bei der „wunderbaren Lehrerin Esther Hoppe“ vervollkommnete, schon 2018 einen Zeitvertrag für zehn Monate bei den ersten Geigen im Mozarteumorchester bekam, ihren Lebensgefährten fand und 2019 ihren Master machte.
Nach interessanten Zeiten bei den Münchner Symphonikern, wo sie ein Jahr lang bei den zweiten Geigen war, sowie im Orchester von Regensburg kam dann die Rückkehr nach Salzburg, wo Jacqueline Martens ihre „Wahlzwillingsschwester“ Laura Bortolotto wiedertraf – und nun sind beide glückliche Mitglieder der ersten Geigengruppe unseres Orchesters.
Die Stunde, die wir Zeit hatten, ist viel zu schnell vergangen, aber die Frage nach Hobbys neben der Musik muss einfach noch kommen. Beide Musikerinnen wandern gerne – „nicht bergsteigen, wandern!“ – fahren gerne mit dem Rad durch die schöne Landschaft und reisen mit Freude, womit wir doch wieder im Orchester landen: „Die Spanien-Tournee war ein echter Höhepunkt!“ Beide genießen es, mit Freunden beisammen zu sein, „in der schönen Stadt Salzburg.“ Laura Bortolotto geht oft ins Kino und liest viel – „in meiner Muttersprache, aber mitunter auch deutsch oder englisch.“ Jacqueline Martens geht oft laufen, liebt sehr die Natur, Kochen und Backen und verbringt gerne Zeit im familiären Kreis. Bleibt mir noch, alles Gute zu wünschen, für das sehr nette Gespräch zu danken – und auf baldiges Wiedersehen und Wiederhören!
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