Mozarteumorchester Salzburg > Interviews > Johannes Moritz
Beim Gespräch mit einem Orchestermusiker, der Trompete spielt, darf in unseren Breiten vermutet werden, dass die musikalische Vergangenheit bei der Blasmusik begonnen hat. Stimmt das?
Ja, ganz richtig. Ich komme aus Rainbach im Innkreis, einer Gemeinde in der Nähe von Schärding und habe in der Blasmusik angefangen.
Wollten Sie gleich Musiker werden?
Meine Eltern haben eine Landwirtschaft. Mein Vater und mein älterer Bruder spielen beide Trompete bei der Blasmusik. Dann gibt es aus unserem Ort mit seinen 1100 Einwohnern einen Solotrompeter bei den Niederösterreichischen Tonkünstlern (Thomas Lachner) und einen in der Wiener Volksoper (Lorenz Raab). Sie waren für mich die großen Vorbilder.
Mein Traum wäre gewesen, die 70ha große elterliche Landwirtschaft zu übernehmen und nebenbei Trompete zu spielen. Ich besuchte nach der Musikhauptschule zwei Jahre die Landwirtschaftsschule und habe eine Ausbildung als Automechaniker angestrebt. Mein Trompetenlehrer Franz Wagermeyer meinte jedoch, dass aus meinem Talent mehr werden könnte und fuhr mit mir – ich war damals 16 Jahre alt – nach Wien zu Prof. Pomberger, um ihm vorzuspielen. Der hat gemeint, ich solle keine Zeit verschwenden und gleich nach Wien kommen.
Plötzlich waren alle Pläne hinfällig, denn ich habe mich entschieden, das Konzertfach zu studieren sowie Instrumentale Gesangspädagogik. Das Ziel war zwar immer noch, den Hof zu übernehmen und nebenbei zu unterrichten. Dann war ich aber ein Jahr in Wien und bin 2005 beim Projekt der Wiener Philharmoniker eingeteilt worden, das sich Attergau Institute nennt. Da durfte ich dann als 1. Trompeter bei der 5. Schostakowitsch unter Riccardo Muti spielen. Das war für mich das entscheidende Schlüsselerlebnis. Ab diesem Zeitpunkt wollte ich Orchestertrompeter werden. Außerdem war inzwischen die Entscheidung bezüglich des Hofes gefallen, den mein Bruder übenommen hat.
Seit wann spielen Sie im Orchester?
2008 habe ich das Probespiel beim MOS gewonnen. Vorher hatte ich schon eines beim Staatsopernorchester und bei den Wiener Symphonikern absolviert.
Mit 18 durfte ich wegen eines krankheitsbedingten Ausfalls eines Philharmonikers in der Oper und bei den Wiener Philharmonikern Dienst tun. Sogar auf eine Tournee konnte ich mitfahren und so Riccardo Muti, Ingo Metzmacher und Valery Gergiev begegnen. Das waren für mich große Erlebnisse.
Hatten Sie da Ihr Studium schon abgeschlossen?
Nein, im Dezember habe ich meine Diplomarbeit abgegeben, im kommenden März schließe ich mit dem Magistergrad ab.
Über welches Thema haben Sie geschrieben?
Über den Komponisten Peter Jona Korn. Er war Berliner, musste emigrieren und war dann Schüler von Arnold Schönberg und Ernst Toch.
Wie kommen Sie gerade auf Peter Jona Korn?
Das hängt damit zusammen, dass ich bei meiner Diplomarbeit eine CD aufnehmen konnte. Meine Betreuerin ist Carol Dawn Reinhart. Für sie schrieb Korn 1980 ein Trompetenkonzert. Das habe ich zusammen mit einem Quartett eingespielt. Außerdem schreibe ich eine Biografie über ihn.
Sie haben sowohl in der Staatsoper als auch im Konzertsaal gespielt. Wenn man jetzt die unterschiedlichen Probenbedingungen bedenkt, wie haben Sie den Unterschied erlebt?
In der Oper habe ich schon manchmal sehr geschwitzt, wenn man einen Blick in die Noten wirft, die vielen mit Bleistift notierten Hinweise sieht, die einen verwirren. Doch manchmal gibt es Kollegen, die helfen einem. Für einen 18jährigen, der von der Blasmusik kommt, dort vom Dirigenten alles vorgeschlagen kriegt, und dann von den Großen ihres Faches nur mehr sparsame Einsätze erhält, ist es schon ein Sprung in ein sehr kaltes Wasser. Aber man muss durch. Dennoch war es ein großes Erlebnis. Schon allein die Perspektive aus dem Orchestergraben und die Größe des Hauses haben mich unglaublich beeindruckt.
Was mussten Sie beim Probespiel vorspielen?
Haydn-Trompetenkonzert, Signale der Leonoren-Ouvertüre, Stellen aus Petruschka, Alpensymphonie, Pulcinella, Parsifal und Don Pasquale.
Warum haben Sie sich für Salzburg beworben?
Mir ist es schon sehr wichtig, dass ich die Abwechslung habe, also nicht ständig im Orchestergraben sitze, sondern auch auf dem Konzertpodium. Ausserdem habe ich nicht sehr weit in meinen Heimatort, wo ich gerne die Freizeit verbringe. Die Arbeit auf dem Bauernhof ist für mich dann der Ausgleich und meine Erholung.
Kommen wir zum Kostbarsten eines Trompeters: Dem Ansatz. Wie bleibt er erhalten?
Üben! Im Gegensatz zu manchen Kollegen muss ich jeden Tag üben. Ich habe mir ein Übungsprogramm zurechtgelegt, das dauert 2 ½ Stunden. Meist aber spiele ich länger.
Müssen Sie beim Essen aufpassen, damit sie beim Spiel keine Probleme bekommen?
Um rauhe Lippen zu vermeiden, darf ich vor einem Konzert keine Bananen, Äpfel oder Kiwis essen.
Wieviele Trompeten spielen Sie?
B-Trompete, C-Trompete und Piccolo und Naturtrompete. Letztere gehört aber dem Orchester.
Und wer hat Ihre Trompeten in welcher Bauart hergestellt?
Natürlich wie fast alle in Österreich Der Lechner in Bischofs-hofen. Meine sind Drehventiltrompeten im Gegensatz zu den Pumpentrompeten, die von den amerikanischen Orchestern verwendet werden.
Besteht ein Unterschied zwischen der Natur- und der normalen Trompete?
Das sind zwei unterschiedliche Instrumente.
Wer bestimmt, ob in einem Stück Natur- oder Normaltrompete gespielt wird? Der Dirigent?
Der Dirigent äußert eine gewisse Zeit vorher den Wunsch, damit wir das Stück üben können. Wenn wir aber zur Überzeugung gelangen, dass es nicht geht, dann haben wir ein Einspruchsrecht.
Unterrichten Sie auch schon?
Ja, seit September habe ich im Musikum eine Stelle, wo ich 10 Stunden pro Woche unterrichte.
Treten Sie auch solistisch oder mit anderen Ensembles auf?
Durch Vermittlung einer Agentur spielte ich in der Annakirche in Wien Weihnachtskonzerte und zu Ostern werde ich im Stephansdom ein Sonderkonzert geben. Dann bin ich auch noch bei der Gruppe Vienna Brass Connection.
Was gefällt Ihnen in Salzburg besonders gut?
Die tolle Arbeitsatmosphäre und Kameradschaft im Orchester. Das findet man selten!
Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Freude an Ihrem Beruf.
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