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Gottfried Franz Kasparek im Gespräch mit Krisztina Megyesi
„Die Leidenschaft für Musik hat sich in der Kindheit in musikalischer Umgebung schnell entzündet“, so steht es im Lebenslauf der 1986 in Budapest geborenen Cellistin Krisztina Megyesi. „Meine Mutter, die heuer in Pension gegangen ist, war Klavierlehrerin“, erzählt sie dazu. „Ich habe sozusagen schon im Mutterleib Musik gehört und wurde schon als Kind in Konzerte und in die Oper mitgenommen. Mein Vater ist Mathematiker, aber das hat ja auch etwas mit Musik zu tun. Meine ältere Schwester ist ebenfalls Musikerin geworden, Oboistin, sie ist jetzt in Innsbruck engagiert.“ Die Mutter war es auch, die der Sechsjährigen das Violoncello empfohlen hat. „Ich habe mich sehr schnell dafür begeistert und habe mit 13 Jahren ein Studium bei Laszló Mező an der Franz Liszt-Akademie in meiner Heimatstadt begonnen.“ Die musikalische Grundausbildung nach der Kodály-Methode ist in Ungarn sehr gut, „in der Musikschule muss man auch Klavier lernen, und gesungen haben wir auch.“
Dass Krisztina Megyesi mit 23 Jahren nach Deutschland übersiedelt ist, hängt mit dem Besuch einer Meisterklasse in Wien zusammen. Deren Leiter, der deutsche Cellist Siegmund von Hausegger, hat sie sofort fasziniert. „Er hat mir neue Türen geöffnet. In Ungarn lernt man sehr schnell, viel Repertoire zu spielen. Aber von Hausegger lernte ich, in die Tiefe zu gehen und gewann eine neue Einstellung zum Instrument und zur Spieltechnik.“ Mit einem Erasmus-Stipen-dium kam die junge Cellistin in die Klasse Hauseggers an der Musikhochschule in Nürnberg, wo sie vier Jahre lang blieb. Bis heute ist ihr der Kontakt zu ihrem prägenden Professor wichtig. Übrigens ist Hausegger in der Tat der Enkel des gleichnamigen, ursprünglich aus Graz stammenden, vor allem in München tätigen Komponisten und Dirigenten, dessen spätromantische Tondichtungen wie die „Natursymphonie“ auch heute noch mitunter wieder entdeckt werden.
In Nürnberg und in Franken hat sich Krisztina Megyesi sehr wohl gefühlt, begab sich aber nach eineinhalb Jahren auf Stellensuche: „So pendelte ich zwischen Nürnberg und Stuttgart, wo ich ein wichtiges Orchesterpraktikum bei den dortigen Philharmonikern absolvierte. Sehr wertvoll war für mich auch die Zeit in der Orchesterakademie der Bamberger Symphoniker, wo es damals mit Jonathan Nott einen charismatischen Chefdirigenten gab. Wir haben sehr viel Gustav Mahler gespielt und ich liebe diese Musik ganz besonders.“ Hoffen wir, dass die derzeitigen Einschränkungen bald vorbei sind und Orchester wieder groß besetzte Stücke aufs Programm setzen dürfen. Schon in dieser Zeit war Krisztina Megyesi etliche Male musizierend in Österreich unterwegs, so hat sie auf Orchestertourneen mit den Klangkörpern aus Stuttgart und Bamberg auch im Großen Festspielhaus in Salzburg gastiert, bei Konzerten der Kulturvereinigung.
Als wahre Spezialistin für schöne alte deutsche Städte wirkte sie nach dem Studium drei Jahre lang mit einem Zeitvertrag in der Rheinischen Philharmonie Koblenz, wo es in Konzert und Theater viele und vielfältige Aufgaben gab. Ähnlich wie in Salzburg deckt das Theater dort ein Repertoire vom Musical bis zur großen Oper ab. Weitere Stationen waren das Theater in Magdeburg und das Philharmonische Orchester Kiel, wo sie 2018 eine feste Stelle als „Vorspielerin“ (Stimmführerin heißt das in Österreich) antrat. Überall hat sie den Horizont erweiternde Erfahrungen als Musikerin gemacht und sich auch für die jeweiligen Orte interessiert. „Aber in Bayern und Österreich fühle ich mich besonders wohl“, meint sie, „und so war ich sehr froh, dass es im Dezember 2018 bei meinem dritten Probespiel für eine Tutti-Stelle beim Mozarteumorchester endlich geklappt hat.“ Das Probejahr begann im Juli 2019 mit der Eröffnung der Salzburger Festspiele. Es ist unvergesslich, wie feurig damals das Orchester unter Riccardo Minasi die Rumänische Rhapsodie Nr. 1 von George Enescu musiziert hat – ein Stück übrigens, das für eine Ungarin doch sehr nahe liegt.
Jetzt hat die sympathische Musikerin das Probejahr bestens bestanden und arbeitet mit großer Freude mit „den vielen netten Kolleginnen und Kollegen“. Gibt es Lieblingskomponisten? Ja, sehr viele, aber dann nennt sie doch „Beethoven, Mahler, Strawinsky und Bartók.“ Und Mozart? „Ich habe noch nie so viel Mozart gespielt wie jetzt. Man kann immer wieder Neues bei ihm entdecken. Es ist auch sehr spannend, seine Stücke mit verschiedenen Dirigenten und in unterschiedlichen Sichtweisen zu machen. Ich liebe besonders Mozarts Violinkonzerte. Die würde ich so gerne am Cello spielen. Ich hab es sogar schon probiert, aber natürlich nur zu meiner eigenen Freude.“ Vielleicht schreibt einmal wer ein passendes Arrangement für sie. Sehr genossen hat sie auch Wagners „Lohengrin“ und zu-letzt, leider bislang nur in einer Aufführung, Gounods „Margarethe“ am Landestheater. Den jungen Musikdirektor des Hauses, Leslie Suganandarajah, der beide Produktionen leitete, kennt Krisztina Megyesi seit ihrer Zeit in Koblenz, wo er Kapellmeister war. „Er ist ein sehr lieber Mensch und ein sehr guter Dirigent. Es macht großen Spaß, mit ihm zusammen zu arbeiten. Ich genieße auch die Arbeit mit unserem Chefdirigenten Riccardo Minasi. Er weiß unglaublich viel, ist so schlagfertig und ein wirklich außergewöhnlicher Mensch und Musiker.“
Als Kammermusikerin spielt sie in vielen Ensembles, hat auch schon 2019 in einem vom Fagottisten Philipp Tutzer, „einem tollen Kollegen“, gestalteten Vereinskonzert mitgewirkt. „Es ist gut, dass wir nun in den Lockdowns wenigstens für uns oder für Videos Kammermusik machen und proben dürfen. Oder streamen, wie zuletzt Arvo Pärts ‚Silouans Song’ mit Maestro Leo Hussain. Das ist alles sehr wichtig, aber abgesetzte oder verschobene Konzerte sind immer eine große Enttäuschung. Das Live-Erlebnis, das Spielen vor Publikum, kann durch nichts ersetzt werden.“ Privat macht die Pandemie freilich auch nachdenklich. „Ja, man kann jetzt nicht immer alles ein-kaufen. Da kommt man drauf, dass man gar nicht so viel braucht.“ Ihre Freizeit verbringt Krsztina Megyesi am liebsten in der Natur, besonders in den Bergen: „Das ist ein unverzichtbarer Ausgleich für mich.“ Sie kocht auch gerne und „ein bisschen ungarisch.“ Ein Blick in die Zukunft? „Ich möchte Neues erleben und nicht nur immer et-was wiederholen. Und wichtig ist, dass man mit der Seele dabei ist!“
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