Mozarteumorchester Salzburg > Interviews > Leopold Hager
Frau Dr. Sigune Neureiter führte im Frühjahr ein interessantes Gespräch mit Professor Leopold Hager.
Als Jüngster – mit 29 Jahren – Generalmusikdirektor in Freiburg sind sie als Salzburger, der am Mozarteum studiert hat und der das Mozarteumorchester von Jugend auf kannte, 1969 als Chefdirigent des Orchesters nach Salzburg zurückgekehrt.
Was war das Charakteristische des damaligen Mozarteumorchesters?
Leopold Hager: Das Orchester war damals ein Klangkörper von 76 Musikern, die großteils nach dem Kriegsdienst mit 25 bis 30 Jahren oft auch ohne Probespiel in das Orchester aufgenommen worden waren. Man pflegte den traditionellen Mozartstil, der unter dem Dirigenten Ernst Märzendorfer sehr erfolgreich war und auch auf Tourneen große Erfolge erzielte. Heute pflegt man eine wesentlich differenzierte stilistische Ausrichtung.
Wie war damals die Positionierung des Orchesters im Konzertleben, bei den Salzburger Festspielen und im Landestheater?
Leopold Hager: Das Orchester war damals kein Eigenveranstalter von Konzertreihen, sondern war und ist es auch heute, darauf angewiesen, von der Kulturvereinigung, von der Internationalen Stiftung Mozarteum und vom Landestheater engagiert zu werden. Im Landestheater war ein Opernchef für die musikalische Sparte tätig. Auch andere Veranstalter haben das Orchester im In- und Ausland engagiert.
Da ich selbst als Salzburgerin und Mozarteum-Absolventin die musikalische Szene in Salzburg miterlebt habe, weiß ich um ihren jahrelangen Kampf mit dem Orchesterausschuss und dem Theaterausschuss bei der Salzburger Landesregierung um Vergrößerung des Stellenplanes und damit die Anhebung des Mozarteumorchesters auf Staatstheaterniveau.
Leopold Hager: Als ich die Chefposition übernahm, war von einer Tätigkeit meinerseits im Theater keine Rede. Aber es kristallisierte sich immer mehr heraus, dass ich als Orchesterchef auch diese Sparte übernehmen mußte und so begannen meine Bemühungen um die Öffnung der Festspielhäuser für jährlich zwei Produktionen des Salzburger Landestheaters. Das war 1971. Der Widerstand der Festspielverantwortlichen und von Herbert von Karajan war um so weniger verständlich, als das Orchester bei den Salzburger Festspielen sehr erfolgreich die Matineen und Serenaden, aber auch hervorragende Opernproduktionen gespielt hat. Aber es ist doch letztlich gelungen und auch die Erfindung des Silvesterkonzertes im Großen Festspielhaus geht auf mich zurück.
Sie können aber auch darauf stolz sein, dass sie aufgrund Ihrer persönlichen künstlerischen Verbindungen dem Orchester große Tourneen nach Südamerika, Frankreich und Italien ermöglicht haben. Wer je wie ich als damalige Direktorin des Orchesters die Begeisterung for sie in Argentinien erlebt hat, versteht, dass das Orchester auch jetzt unter ihrer Leitung dort hoch willkommen ist.
Leopold Hager: Das ist richtig und ich freue mich bereits schon auf unsere nächste gemeinsame Gastspielreise nach Argentinien in das Teatro Colon in Buenos Aires – ein Besuch von Freunden bei Freunden! Aber es hat uns auch sehr geholfen, dass die Stadt Salzburg Partnerstadt von Reims ist und auch die Städteverbindung mit Verona sehr eng ist.
Nun sind sie nicht nur als vielbeschäftigter Dirigent in allen großen Musikmetropolen auf dem Konzertpodium und in den Opernhäusern zu Gast, sondern sie haben auch eine Professur an der Universität for Musik in Wien für die Dirigentenklasse angenommen. Wie gefällt ihnen diese Tätigkeit?
Leopold Hager: Mein persönliches Interesse und auch ein gewisses Talent hat sich schon sehr früh gezeigt, als ich noch Assistent von Istvan Kertesz und Hennann Scherchen an der Sommerakademie war. Ich habe auch Freude daran, den technischen Teil des Dirigierens den jungen Leuten zu vermitteln. In meiner Dirigierklasse habe ich dreißig Studenten, wovon fünf bis sechs sehr zukunftsträchtig sind. Von meinen Absolventen haben bereits drei Dirigenten erste Positionen inne. Es sind dies Christian Arming, Jonas Alber (GMD in Braunschweig) und Pedro Halfter.
Man spricht sehr viel über das Verhalten vom Dirigenten zum Orchester, es gibt Anekdoten, Witze, aber auch viel Kritik gegenseitig. Wie sehen sie das?
Leopold Hager: Es existiert eine Art natürlicher Feindschaft, die in der fast letzten Bastion des totalitären Systems begründet ist. Diese zu überwinden erfordert beiderseits den nötigen Respekt. Klares professionelles Dirigieren, und nicht das Herumphilosophieren hilft den Musikern den Dirigenten zu verstehen, was er möchte. Ob man erreicht, was einem so vorschwebt, das ist eine Gabe, die man mitbringen muß. In meinem Fall können meine Studenten meine pragmatischen Anweisungen als Lehrer bei den Proben und Aufführungen z.B. in der Wiener Staatsoper, also in der Praxis nachvollziehen und überprüfen.
Danke vielmals für das Interview und auf Wiedersehen bei ihrem Stiftungskonzert am 11. Mai 2000 und bei der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft des Vereins der Freunde des Mozarteumorchesters.
Stand: