Manuel Dörsch

Er ist sozusagen im Mozarteumorchester aufgewachsen: Manuel Friedrich Dörsch, so sein kompletter Name. Seine Mutter ist Susan Ann Curry, die einst aus den USA nach Heilbronn und dann nach Salzburg kam, wo sie von 1974 bis 2013 in der Gruppe der zweiten Geigen im Orchester wirkte. „Wie man Mozart spielt, bekam ich sozusagen schon mit der Muttermilch mit“, erzählt der sympathische und eloquente junge Mann bei unserem Gespräch in der Kantine des Orchesterhauses, „ich war schon als Kind oft hier und erinnere mich daran, wie ich hier bei Proben zugehört oder meine Schulaufgaben gemacht habe. Mein leider vor einem Jahr verstorbener Vater war Fachmann für Streichbögen und hatte eine Werkstatt in der Schwarzstraße, wo ich auch viel Zeit verbracht habe.“ Die Geigen und Bratschen lagen also gleichsam in der Wiege.

Stefan Hedenborg, unvergessen im Orchester, war dann der erste Geigenlehrer, denn bis zum Bachelor-Abschluss im Konzertfach an der Universität Mozarteum war es die Violine, die Manuel Dörsch erlernte. Heute spielt er sie nur mehr  privat, „zu Weihnachten und zu Ostern“.  Auf längere Sicht hat die größere Bratsche einfach besser zu seiner Statur gepasst, sagt er mit Augenzwinkern. Als Geigenlehrer folgten auf Hedenborg  wei weitere Orchestermitglieder, Carsten Neumann,  Stimmführer der 2. Violinen, und am Mozarteum  Konzertmeister Frank Stadler, „von allen habe ich sehr viel gelernt, und von Herrn Stadler sogar Einblicke in die Mikrotonalität der arabischen Musik bekommen.“ Nach dem Bachelor wechselte Manuel Dörsch nicht nur das Instrument, sondern auch die Lehrstätte und ging an die Anton Bruckner Privatuniversität in Linz, wo er  mit Predrag Katanic, unter anderem Bratscher des  „stadler  quartetts“, einen „genialen  Lehrer“ gefunden hatte. Prägende Meisterkurse besuchte Manuel  Dörsch bei den Geigern Lynn Blakeslee, Kurt Sassmannshaus und Pierre Amoyal und den Bratschern Gunter Teuffel, Hariolf  Schlichtig, Thomas Riebl und Antoine Tamestit.

Da hatte er übrigens schon längst erste Erfahrungen als Spieler im, besser gesagt mit dem Mozarteumorchester gemacht. Denn schon der 13-Jährige Manuel war im von Egon Achatz geleiteten Orchester des Musischen Gymnasiums, das er besucht hat, und bald auch im  Landesjugendorchester  aktiv,  damals  noch  mit  der  Geige.  Es gab in den „Nullerjahren“ tolle Projekte mit dem „erwachsenen“ Mozarteumorchester – und den Jugendorchestern - „das erste war wohl 2003“, unter der Leitung von Hubert Soudant, in dem unter anderem  Mussorgskys  „Bilder  einer  Ausstellung“  in  der  Version von Maurice Ravel am Programm standen. Das erste Mal als Bratscher wirkte er im Mozarteumorchester im Silvesterkonzert 2015 unter  Ivor  Bolton  mit,  ein  schönes  Erlebnis  waren  auch  die  CD-Aufnahmen  mit  der  tollen  Mezzosopranistin  Marianne  Crebassa. Auch für Festspielkonzerte wurde er oft als Substitut engagiert.

Wichtig für die weitere Entwicklung war der Gewinn des Dresdener „Moritzburg  Festival“- Akademiepreises  im  Jahr  2016. Anschließend konnte er nach erfolgreichem Probespiel als Akademist der Bamberger Symphoniker Erfahrung sammeln und arbeitete, auch auf schönen Tourneen, mit bedeutenden Dirigenten wie Herbert Blomstedt, Manfred Honeck und dem Chef der „Bamberger“, Jakob  Hruša.  Im  Rahmen  der  Orchesterakademie  gab  es  auch  viel Kammermusik  verschiedener  Art.  „Der  Unterricht  im  schönen Bamberg“ so Manuel Dörsch, „war sehr praxisorientiert. Ich habe es sehr genossen, auch Barockmusik auf historischen Instrumenten  zu  machen.  Die ganze Atmosphäre  im  Bamberger  Orchester war sehr herzlich.“ Neben Manuel Dörsch gibt es übrigens noch zwei „Ex-Akademistinnen“ aus Bamberg im Mozarteumorchester, die Fagottistin Petra Seidl und die Cellistin Krisztina Megyesi.

Es folgten Zeitverträge im Gewandhausorchester Leipzig, wo sich Maestri wie Andris Nelsons, Semyon Bychkov und John Eliot Gardiner quasi den Taktstock in die Hand gaben und der junge Musiker neben den „Sinfonischen Konzerten“ im Gewandhaus wichtige Erfahrungen im Bereich der Oper, doch ebenso in Bach-Kantaten in der Thomaskirche machte. Es folgte ein weiteres wichtiges Engagement in der Bayerischen Staatsoper in München. Das Staatsorchester spielt ja fast nur Oper – und das damals unter der Leitung des charismatischen Kirill Petrenko. Zum Beispiel war Verdis „Otello“ ein „phantastisches Erlebnis“, aber auch Werke von Wagner und Richard Strauss begeisterten ihn. „Und im zauberhaften Cuvilliestheater spielten wir mit dem Opernstudio ’Jolanthe’ von Tschaikowsky - und bei den Opernfestspielen im Nationaltheater Mozart unter Ivor Bolton!“

Mozart hat Manuel Dörsch in Deutschland manchmal vermisst – in Salzburg hat er ihn wieder gefunden. „Im Jahr 2019 wurde eine Stelle im Mozartumorchester frei. Nach dem übrigens gemeinsam mit meiner Kollegin Elen Guloyan bestandenen Probespiel kam das Probejahr, welches wegen Corona etwas länger dauerte. Seit 15. April 2021 bin ich jetzt fix im Orchester und fühle mich hier sehr wohl – einfach zuhause. Das war ein besonderes Gefühl, als ich es geschafft hatte – ich bin schon hier verwurzelt.“

Neben Mozart und der Wiener Klassik spielt Manuel Dörsch sehr gerne Wagner- und Puccini- Opern - „hoffentlich kommt da bald wieder was im Landestheater“ -, Symphonien von Bruckner und Mahler  sowie  vielfältige  Kammermusik,  zum  Beispiel  solche  von Max Reger. Doch auch Seltenes wie die „wunderbaren Tondichtungen von Josef Suk“ gehören zu seinen Favoriten. „Neue Musik“ kann faszinierend sein: „In letzter Zeit war ich besonders angetan, ja begeistert von Kompositionen meines Kollegen Johannes Krall und des jungen Salzburger Komponisten Jakob Gruchmann.“ Auch die  Popmusik  und  der  Jazz  sind  für  Manuel  Dörsch  „sehr  wichtig und bereichernd“, als Ausführender ist er jedoch bis jetzt, mit Ausnahme von ein bisschen Volksmusik, „in der klassischen Ecke geblieben.“ Seiner Meinung nach wird „andere“ Musik, auch die anderer Kulturen, „im Konzertfachstudium zu wenig vermittelt“- eine lobenswerte Ausnahme wäre, siehe oben, Frank Stadler.
Seine Bachelor-Arbeit hat Manuel Dörsch über die Akustik in Konzertsälen  geschrieben,  eine  spannende  Sache,  der  er  sich  heute bei Gastspielen gerne nebenbei widmet. Außerdem kocht er mit Leidenschaft,  mit  großem  Interesse  an  den  Küchen  aller  Länder der Welt; eine Vorliebe gilt Japan. In der kargen Freizeit entspannt er sich am besten beim Bergwandern. Von der Zukunft wünscht er sich, dass die Menschen nach den Lockdowns wieder in Konzerte und ins Theater finden. Denn das direkte Erleben von Musik kann durch nichts ersetzt werden.

Stand:

2021