Mozarteumorchester Salzburg > Interviews > Petra Seidl
Petra Seidl ist seit 1. Dezember 2019 Fagottistin mit Verpflichtung zum Kontrafagott im Mozarteumorchester. Im September davor hatte sie das Probespiel gewonnen. Wegen der durch die Pandemie verursachten Verzögerungen endete das Probejahr erst im März 2021 – also ist es höchste Zeit, die sympathische junge Musikerin vorzustellen. Wir treffen uns in einer Probepause im Kaffeehaus und die Zeit vergeht wie im Flug.
„Mein Vater ist Trompetenlehrer in der Musikschule in Raab, zwei meiner Geschwister, meine Onkeln, Cousinen und Cousins sind Hobbymusiker“, erzählt Petra Seidl. „Meine Mutter ist zwar keine Musikerin, aber sie ist bis heute ein großer Fan und verwöhnt mich bis heute kulinarisch.“ Die Musik lag also von Kindheit an in der Luft, daheim wurde und wird viel musiziert „und meine Eltern haben mich immer sehr unterstützt und tun das bis heute.“ Wo ist Raab? Im Innviertel im Bezirk Schärding. Die idyllische, bäuerlich geprägte Marktgemeinde ist wegen ihrer alten Bier-Kellergasse, genannt „Kellergröppe“, bekannt. „Mein erstes Instrument in der Volksschule war die Blockflöte, dann wollte ich eher Querflöte oder Trompete lernen. Wir haben im Fernsehen viele klassische Konzerte erlebt, das hat mich sehr animiert. Als ich acht Jahre alt war, fiel die Entscheidung für das Fagott, das mich besonders fasziniert hat.“ Da es in Raab keinen Fagottunterricht gab, begann Petra Seidl ihre Ausbildung im Nachbarort Andorf bei Anita Kapsamer und spielte ab ihrem zwölften Lebensjahr in der Marktmusikkapelle Raab. Bis heute wirkt sie dort manchmal mit, „leider habe ich nicht mehr viel Zeit dazu“. Selten, aber doch ist sie da auch bei Aufzügen als Trompeterin zu erleben. Denn sie hat es in der Blasmusik und in der Musikschule nicht nur bis zum Goldenen Leistungsabzeichen und zu Preisen beim Wettbewerb „Prima la Musica“ gebracht, sondern auch im Fach Trompete ein Leistungsabzeichen in Bronze erreicht.
Petra Seidl „war immer von der Klassik begeistert. Aber natürlich höre ich privat auch gerne Popmusik und liebe die Volksmusik. Ich habe nebenbei die Steirische Harmonika studiert, auch ein wunder-bares Instrument. Hin und wieder packe ich sie noch gerne aus, vor allem, wenn ich zuhause in Raab bin.“ Das „Familienensemble“ lebt nach wie vor. Ihr Studium setzte sie als 15jährige privat beim ehemaligen 2. Fagottisten und Kontrafagottisten des Mozarteumorchesters, Yoshinori Tominaga, an der Universität Mozarteum fort, dann ging sie an die Linzer Bruckner-Universität zu Tominagas Nachfolger im Orchester, Philipp Tutzer. ihrem wohl prägendsten Lehrer und Mentor. Auf das Konzertfachstudium in Linz folgte schließlich noch ein Masterstudium bei Pierre Martens in Lübeck.
„Ich habe das Glück, bis jetzt immer in schönen Städten zu leben“, freut sie sich, „auch Linz gehört da übrigens dazu, das wird nur oft unterschätzt. Ein Traum waren freilich die zwei Jahre in Bam-berg.“ Denn im Februar 2017, mit 21 Jahren, gewann Petra Seidl einen Akademieplatz bei den Bamberger Symphonikern, einem der führenden Klangkörper Deutschlands. Bis heute gastiert sie noch mitunter dort. Schon vorher hatte sie wertvolle Orchestererfahrungen gesammelt, so bereits jahrelang im Oberösterreichischen Jugend-Symphonieorchester und im Wiener Jeunesse Orchester. „Da durfte ich schon in Bruckner-Symphonien oder Rimsky-Korsakows Tondichtung Scheherazade mitwirken, was sehr viel Spaß gemacht hat.“ In Bamberg, der wunderbaren alten Stadt im schönen Frankenland, kam es dann zu unvergesslichen Erlebnissen bei Projekten mit großen Dirigenten. Nicht nur mit den prominenten Chefdirigenten Jonathan Nott und Jakub Hru˚ša, sondern zum Bei-spiel auch „bei einer 9. Mahler unter Herbert Blomstedt und bei einem Gastspiel unter Manfred Honeck im Würzburger Dom mit der 7. Bruckner.“
Schon wegen ihrer Lehrer war Petra Seidl dem Mozarteumorchester sehr nahe. Erstmals wirkte sie 2018 beim Eröffnungs-Festakt mit, damals dirigierte Kent Nagano Stücke von Leonard Bernstein, Gottfried von Einem und Richard Strauss. Das erste ganz große Konzert in Salzburg war im Frühjahr 2019, noch vor ihrem Pro-bespiel, jenes mit der 5. Symphonie von Gustav Mahler. „Das war die erste Begegnung mit Riccardo Minasi am Pult. Ich habe immer gern mit ihm zusammengearbeitet!“ Petra Seidl spielt „sehr gerne Mozart und Beethoven“, doch sie liebt auch Bruckner – „obwohl der das Fagott etwas stiefmütterlich behandelt hat“ –, Mahler, bei dem oft ihr „geliebtes Kontrafagott“ vorkommt und dessen 3. Symphonie mit Minasi „eine für uns alle wunderbare Erfahrung war“, Schostakowitsch, Ravel und vieles mehr, denn „es gibt so viele schöne Werke!“ Auch neue Musik kann Freude bereiten, wenn man sich intensiver damit beschäftigt. Mozart und die Wiener Klassik, das muss in Salzburg im Zentrum stehen, „aber das Besondere am Mozarteumorchester ist eben seine Vielseitigkeit, in so vielen Be-reichen, wozu unbedingt auch die Oper gehört, die ich als Orchestermusikerin jetzt erst so wirklich entdecke!“ Hoffen wir, dass es nach den Corona-Problemen wieder zu mehr großer Romantik und Moderne im Repertoire des Orchesters kommt! Petra Seidl freut sich jedenfalls schon sehr auf den „Rosenkavalier“ von Richard Strauss im Herbst in der Felsenreitschule.
Die Lockdowns waren für die Musikerin ärgerlich, weil dadurch ihre Probezeit verlängert wurde. Es gab zwar trotz alledem schöne Auf-gaben im Orchesterhaus, CD-Aufnahmen und ein paar gestreamte Konzerte, „aber man würde halt gerne mehr machen und vor Publikum spielen!“ Andererseits war Petra Seidl „sehr viel daheim im Innviertel, bei der Familie, was eigentlich auch eine schöne Zeit war, mit viel Üben und Musizieren im häuslichen Kreis.“
Welche Rolle spielt für eine Fagottistin die Barockmusik? „Meine Karriere als Barockfagottistin dauerte zehn Minuten“, erklärt sie lachend, „das ist einfach nicht so mein Instrument.“ Aber man kann auch am modernen Fagott sehr gut Barockes spielen, zum Beispiel die vielen Konzerte von Antonio Vivaldi - „es muss nicht immer Mozart und Weber sein.“ Das neue Kontrafagott, für das der Verein der Freunde 4000 Euro beigesteuert hat, ist schon eingetroffen: „Danke für die Mithilfe! Ich brauche es ja nicht nur in Beethovens 5. Symphonie und bei Mahler, sondern in vielen neueren Stücken. Jörg Widmann setzt es auch häufig ein. Und ich würde so gerne einmal Ravels Ma mère l’Oye spielen …“ Als Kammermusikerin wart Petra Seidl in Linz drei Jahre lang in einem rein weiblich besetzten Bläserquintett namens „PEJULIKAAN“, das waren die jeweils bei-den ersten Buchstaben der Vornamen der Mitglieder, tätig –„eine schöne Zeit, aber wie es mit Studentinnen so ist, wir sind jetzt ziemlich verstreut …“ Doch Auftritte mit Kammermusik werden wieder kommen.
Was macht Petra Seidl, wenn sie gerade nicht Musik macht? „Ich koche sehr gerne in der österreichischen Tradition, zum Beispiel Innviertler Knödel oder einen guten Braten. Ich halte mich auch sehr gerne in der freien Natur auf. Außerdem hat mich immer schon das Nähen sehr interessiert und darum habe ich zu Weihnachten eine Nähmaschine geschenkt bekommen. Mein Wunsch ist es, einmal ein eigenes Dirndl zu entwerfen und zu nähen.“ Wird auch für Männer genäht? „Ja, für meinen Freund Martin Ortner, der ist Schlagzeuger und war zum Beispiel in der 3. Mahler als Substitut dabei.“ Im Mozarteumorchester fühlt sich Petra Seidl „total wohl. Die Atmosphäre in der Fagottgruppe und im ganzen Orchester ist sehr familiär und es gibt ja immer wieder schöne Konzerte und Projekte!“ So auch jetzt, denn nun muss Petra Seidl zur Nachmittagsprobe für die Mozart-Matinee unter Ehrendirigent Ivor Bolton, den sie auch sehr schätzt. Bleibt noch, für das schöne Gespräch zu danken und ihr alles Gute für die Zukunft zu wünschen.
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