Von der Vielfalt der Trompetenklänge

Gottfried Franz Kasparek im Gespräch mit Thomas Fleißner

Thomas Fleißner kommt aus dem malerischen Goldegg im Pongau. In seiner Familie gab es viele Volksmusikanten, so war sein Großvater erster Flügelhornist in der Trachtenmusikkapelle des Orts, der Vater spielte ebendort Klarinette, „Ich habe mit sieben Jahren begonnen, Trompete zu spielen“, erzählt der junge Musiker. „Nun bin ich seit 2019 koordinierter Solotrompeter im Mozarteumorchester. In unserer Gruppe, in der ich mich sehr wohlfühle, ist mit Markus Pronebner übrigens noch ein zweiter echter Goldegger vertreten. Und mein Cousin ist stellvertretender Solotrompeter an der Staatsoper Hannover.“ Das Musikantentum lag sozusagen von Geburt an in der Luft, aber wann fiel die Entscheidung, Profimusiker zu werden? „In meiner Kindheit war ich mit meinen Eltern sehr oft in Wien in Musicals und da dachte ich mir immer, wie toll es wäre, da unten im Graben zu sitzen.“ Also lernte er zunächst am Musikum bei Sepp Höller, war dann bei der Militärmusik in Wien und studierte gleich anschließend bei Josef Pomberger, einem Bischofshofener, an der Wiener Musikuniversität. „Der ging 2012 in Pension und so wurde Martin Mühlfellner mein zweiter Lehrer.“

In dieser Zeit hat Thomas Fleißner „das Orchesterspielen bei den Wiener Philharmonikern von der Pike auf gelernt, denn ich substituierte in der Staatsoper in wahrscheinlich mehr als dreißig verschiedenen  Opern.  Da gab es oft keine Proben und es  ist  ziemlich  nervenaufreibend,  wenn  man  zum  Beispiel in Verdis Otello oder Don Carlos gleichsam hineingeworfen wird und die oft sehr schwierige Kornettstimme sozusagen vom Blatt spielen muss. Aber ich habe gelernt, mich vorzubereiten, habe nach Möglichkeit vor-her die Partituren studiert und außerdem wurde ich von den philharmonischen Kollegen extrem gut unterstützt.“ Die Verdi-Opern liebt Thomas Fleißner ganz besonders und er findet, „dass die Abwechslung des Repertoires in Oper und Konzert sehr gut für die Flexibilität ist, die man als Orchestermusiker braucht. Ja, und ich bin bis heute ein großer Fan des spezifischen, unverwechselbaren Klangs der Wiener Philharmoniker“. Daneben spielte er auch mit Gewinn bei den Wiener Symphonikern, in der Volksoper „und besonders  gerne  in  der  Hofkapelle,  denn  ich  war  immer  begeistert sehr von den Wiener Sängerknaben!“

Dazu  sammelte  er  auch  Erfahrung  in  den  verschiedensten  Kam-mermusik und Ensemblebesetzungen und ist seit 2012 Mitglied des Wiener Blechbläserensembles phil-Blech. „Das hat mir immer alles großen Spaß gemacht!“ Im selben Jahr trat er seine erste feste Stelle an, als erster und zweiter Trompeter im Kärntner Symphonieorchester, welches vor allem im Theater in Klagenfurt Opern, Operetten und Musicals spielt und daneben auch eine eigene Reihe mit Symphoniekonzerten  bestreitet.  Da  gab  es  zahlreiche spannende Projekte, aber „wenn man ein Musiktheaterwerk zwanzigmal hintereinander spielt, ist es schwierig, sich jedes Mal wieder zu motivieren. Es gibt ja Leute, die spielen Produktionen zweihundertmal am Stück, das ist nichts für mich.“ Thomas Fleißner pendelte, schon der künstlerischen Abwechslung halber, viele Jahre zwischen Klagenfurt  und  Wien  und  hat  auch  „einfach  sehr  gerne  in  Wien gelebt.“

Zum Mozarteumorchester kam er 2019 als Vertretung für Johannes Moritz, der sich während seines Probejahrs beim Bayerischen Staatsorchester in München karenzieren ließ. „Der Kollege konnte in München bleiben und ich in Salzburg. So bin ich nun seit 2020 im Mozarteumorchester fix. Die Lockdowns waren natürlich schwierig. Oft wurde hart geprobt und das Konzert konnte dann nicht stattfinden, oder Programme sind bereits im Vorhinein gekürzt oder geändert worden. Darunter wären tolle Projekte gewesen, auf die ich mich sehr gefreut hätte, zum Beispiel Strawinskys Petruschka oder Bachs Weihnachtsoratorium. Und gestreamte Konzerte sind doch nur eine Notlösung.“ So verbrachte Thomas Fleißner „viel Zeit mit Bergsteigen, Wandern, Klettern und mit Skitouren. Und mit meiner lieben Freundin, die Ärztin ist, und drei Kindern ist mir auch nicht fad geworden, denn die teilen alle meine Leidenschaft für die Natur und außerdem reisen und kochen wir sehr gerne gemeinsam.“

Im  Mozarteumorchester  konnte  er  sich,  zuerst  bei  Mozart  in  der Trilogie der da-Ponte-Opern im Landestheater, auch intensiv mit der Barocktrompete beschäftigen, was ihm ebenfalls große Freude  bereitet.  „Wir  spielen  die  Wiener  Klassik  ja  auf  den  alten  Instrumenten. Es gab zwar schon seit dem Ende des 18. Jahrhunderts die Klappentrompete, für die Joseph Haydn sein Konzert komponiert hat, und bald darauf die Ventiltrompete, aber das war mehr etwas für Solisten. In den Orchestern gab es noch lange Zeit die barocken Instrumente. Ich würde aber auch sehr gerne die klassischen Konzerte von Haydn und Hummel mal mit Orchester spielen!“ Das Kornett, die kleinere Form der Trompete und eigentlich ein „Horn-instrument“  mit  warmem  Ton,  gehört  zum  täglichen  Brot  eines Trompeters  –  und  mitunter  kommt  auch  das  ebenfalls  nicht  von Hornisten  gespielte  Posthorn  dazu,  welches  nicht  nur  in  der  berühmten Mozart-Serenade vorkommt, sondern etwa auch in Mahlers „Dritter“.

Gibt  es  für Thomas  Fleißner  auch  andere  Lieblingskomponisten? „Ja, die Musik von Giacomo Puccini und Richard Strauss liebe ich sehr.  Und es  gibt  so  viele  Komponisten  und  Stücke,  die  zu Unrecht nicht oder nur sehr selten auf die Programme kommen. Man muss ja nicht jede Saison die „Jupitersymphonie“ und die Siebte von Beethoven spielen, so genial die auch sind. Ich würde mir viel mehr Abwechslung und mehr Musik von Joseph Haydn und von Dmitri Schostakowitsch wünschen!“ Thomas Fleißner hat auch reges Interesse an der Musik unserer Zeit und wirkte etliche Jahre beim Wiener Avantgarde Ensemble PHACE mit, „das war sehr lehrreich und eine wirklich tolle Zeit!“. Und was ist mit dem Jazz? „Den höre ich sehr gerne, aber leider zu selten. Denn abseits der vielen akustischen Eindrücke im Dienst genieße ich auch sehr gerne einfach mal die Ruhe.“ Laut und zünftig wird es dann nämlich auch wieder, wenn mit Leidenschaft Volksmusik gemacht wird. Seit mehr als 15 Jahren ist er Mitglied der „Pongauer Tanzlmusi“, wo auch Freund, Orchesterkollege und Posaunist Thomas Weiss mit von der Partie ist.

In  der  Freizeit  ist  für Thomas  Fleißner  „die  Natur  der  beste und schönste Ausgleich zum Musikmachen. Ich nutze alle freien Tage dazu!“ So hat er in seinem Leben „das Gefühl einer guten Balance“ und wir wünschen ihm dies weiterhin!

Stand:

2022