Mozarteumorchester Salzburg > News > Danke Riccardo Minasi
Liebe Mitglieder des Vereins,
nein, diesmal geht es nicht um die pandemischen Erscheinungen. Wir wollen hoffen, dass die Normalisierung in diesem Bereich weiter fortschreitet und ungehindert Kunst stattfinden darf. Mir will außerdem scheinen, dass uns die Klimaerwärmung und der schreckliche Krieg in Europa vor größere Herausforderungen stellen wird als ein böses Mitglied der großen Virenfamilie, die schon die ganze Menschheitsgeschichte immer wieder zu Seuchen führt und die letztlich unbesiegbar ist. Damit müssen wir leben und ein Leben ohne Tod ist von der Natur nicht vorgesehen.
Es geht diesmal um einen Abschied. Riccardo Minasi, seit Dezember 2016 Chefdirigent des Mozarteumorchesters, hat am 31. Juli 2022 sein letztes Konzert in Salzburg in dieser Funktion geleitet, eine Mozart-Matinee bei den Salzburger Festspielen. Sie wird im Gedächtnis bleiben, denn Minasis Interpretation der drei letzten Mozart-Symphonien, übrigens mit allen vom Komponisten vorgeschriebenen und allzu oft missachteten Wiederholungen, setzte Maßstäbe in ihrer Verbindung von historischem Wissen, pulsierender Lebendigkeit und zeitloser Gestaltungskraft. Und führte vor, wie man scheinbar so wohlbekannte, mitunter als „abgespielt“ empfundene Musik mit neuer Farbe und Leidenschaft erfüllen kann.
Grazie, Riccardo! Danke für sechs Jahre mit so vielen unvergesslichen Konzerten. Die Palette, die der Feuergeist Minasi mit dem Mozarteumorchester erforscht hat, reicht von sehr lohnenden Entdeckungen im Bereich der Klassik wie Symphonien von Christoph Ernst Friedrich Weyse und Anton Eberl bis zum afroamerikanischen Romantiker William Grant Still, von überschäumend temperamentvollem Mozart bis zu einer beglückenden 3. Symphonie von Gustav Mahler, zu großen Werken von Tschaikowsky, Richard Strauss und Strawinsky, von Carl Nielsens Helios-Ouvertüre bis zu Leonard Bernsteins spirituellem Monumentalwerk „Mass“. Viele dieser Stücke hat sich der aus der Barockszene stammende, stets neugierige Dirigent und Geiger erstmals mit dem Orchester erarbeitet und dabei die Seele berührende, im Gedächtnis bleibende Aufführungen gestaltet. Ganz persönlich möchte ich den künstlerischen Austausch, den ich mit ihm in diesen Jahren führen durfte, nicht missen, meist in Rauchpausen – ja, dieses Laster teilen wir – vor dem Orchesterhaus und eine Zeit lang sogar sozusagen bei mir daheim, wo er nebenan logierte und wir uns im Garten mehr oder weniger zufällig trafen. Es waren in italienisch-englischem Kauderwelsch geführte, pointierte Gespräche über die Musik und das Leben.
Ein „Treffpunkt Musik“ mit Riccardo Minasi war geplant und ist Corona zum Opfer gefallen. Lassen Sie uns auf ein Wiedersehen mit diesem innerlich glühenden Künstler hoffen und ihm alles Gute für seine weitere Karriere wünschen. Er ist nun neben anderen Engagements Chef des Zürcher Originalklang-Orchesters La Scintilla und designierter Musikdirektor des Teatro Carlo Felice in Genua, mit dessen Orchester er sein romantisches und modernes Repertoire weiter pflegen wird. Und auch die Oper, die ihm in Salzburg leider nahezu verschlossen blieb. Grazie per il bel tempo e successo continuo, Maestro!
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Gottfried Franz Kasparek